01.09.2012

Standpunkt der Fraktion zum Thema „Mühlehof/ neue Stadtmitte“
Vorgestellt durch den Fraktionsvorsitzenden Rolf Leo und seinen Stellvertreter Ulrich Hagenbuch. Am 25.9.2012 muss der GR darüber entscheiden, ob ein Wettbewerb (Kosten insgesamt etwa 450 000.- Euro) für die Neugestaltung der Stadtmitte ausgeschrieben wird. Während die anderen Fraktionen Zustimmung signalisiert haben, lehnen wir Freien Wähler diese Maßnahme ab und wollen stattdessen den Mühlehof sanieren.
Gründe, warum sich die Stadt Mühlacker derzeit keine neue Stadtmitte leisten kann:
  • Vorbemerkung: Die Stadt Mühlacker verliert seit Jahren kontinuierlich an Einwohnern und damit einhergehend  Einkommensteuer. Hinzu kommt ein Stagnieren des Gewerbesteueraufkommens auf sehr niedrigem Niveau, bei gleichzeitig steigenden Ausgaben für den Erhalt der städtischen Infrastruktur und der Personalkosten. Dies lässt keinen Spielraum für weitere große Neuinvestitionen, zumal das Sanierungsgebiet Kernstadt/Dürrmenz II, welches ja Abrisskosten für den Mühlehof beinhaltet hätte, vom RP Karlsruhe in Teilen abgelehnt wurde! Deshalb ist eine realistische Betrachtung gefordert, die angesichts des finanziellen Engpasses nur pragmatische Lösungen zulässt.
Überlegungen zu den Vorstellungen Dr. Vögeles:
  • Pläne für eine neue Stadtmitte sollten nach Vorgaben des GR zwei Kernaufgaben erfüllen: Fortführung des Kulturbetriebs und eine geschäftliche Belebung des Platzes. Also nichts anderes, was schon einmal im bestehenden Gebäude "Mühlehof" vorhanden war.
  • Wenn Dr.Vögele darlegt, dass nur nebeneinander liegende Geschäfte funktionieren, so bleibt er den Beweis dafür schuldig. Warum ist zum Beispiel die "Schlösslesgalerie" in PF und das Breuningerland in Tamm solch ein Erfolg? Alle Geschäfte sind dort in einer Kubatur untergebracht. Letztlich müssten später auch alle Einzelgebäude separat aufwendig isoliert und beheizt werden, was zusätzliche Kosten bedeuten würde.
  • Wir sehen im Gegensatz zu Dr. Vögele auch keine potentiellen Investoren für neue Geschäftsgebäude, weil letztlich die vorhandene Fläche insgesamt zu klein ist, um flächenmäßig große Neubauten zu gestatten. Heutzutage wird gerne nur ebenerdig Big und XL gebaut und/ oder mit Vorliebe auf der grünen Wiese. Dazu kommt, dass die Höhe der Abriss- und Investitionskosten nicht vorhersehbar sind, weil Fragen der Statik nicht beantwortet werden können, so wenig wie die Fragen der späteren Andienung der Ware über die B10.
  • Die von Dr. Vögele genannten möglichen Mieter wie C&A, H+M, Kaufland und andere haben jeweils nur ihr „Interesse“ angemeldet, jedoch keine verbindlichen Zusagen gegeben! Auch vor Inbetriebnahme des Mühlehofs vor 30 Jahren waren reihenweise Interessenten vorhanden, die dann aber letztlich - als es Ernst wurde - absagten.  
  • Selbst wenn mögliche Investoren, z.B. geschlossene Immobilienfonds, die Errichtung der geplanten Geschäftsgebäude übernehmen würden, besteht bei uns die Sorge, dass nach einigen Jahren sich evtl. ansiedelnde Filialen von Ketten die Stadt wieder verlassen  und dann leer stehende Ladenflächen unsere Stadtmitte verschandeln.
  • Neben einer neuen Stadthalle sollte nach Vorstellungen von Herrn Dr. Vögele auch ein Hotel mit bis zu 90 Betten entstehen, zumal in der Halle auch Tagungen und Kongresse stattfinden sollten, um sie wirtschaftlich betreiben zu können. Wir bezweifeln aber einen zusätzlichen Bedarf in unserer Region, da das benachbarte Pforzheim mit Hallen und Hotels diesen in ausreichender Größe abdeckt.
  • Ob sich ein Investor für ein zusätzliches Hotel in Mühlacker finden lässt,  ist zudem äußerst fraglich, da Hotelketten unsere Stadt nicht als A-Lage betrachten. Ein Neubau müsste also von der Stadt selbst finanziert werden, anschließend ein Betreiber gefunden werden, was letztlich ein großes finanzielles Risiko für die Stadt bedeuten würde.
  • Die Kosten für eine neue Konzert- und Stadthalle werden bei 12 – 15 Mio liegen, die notwendigen Investitionen für das Hotel 3 – 4 Mio. Nimmt man die Abrisskosten dazu, liegen wir bei 20 Mio Euro, die für die Gestaltung der neuen Stadtmitte auf die Stadt zukommen  würden.
Die Stadt Mühlacker hat in den nächsten Jahren aber große Aufgaben zu lösen, die einen hohen finanziellen Aufwand erfordern. Als Beispiele seien genannt:
  • Grünprojekt/Gartenschau mit Jugendhaus rund 5 Mio
  • Zuschuss für Bahnsteigsanierung 1 Mio
  • Sanierungsgebiete in Dürrmenz, Lienzingen, Mühlhausen und später Lomersheim erfordern hohe finanzielle Beiträge der Stadt (jährlich etwa 1 - 2 Mio)
  • Sanierung unserer bestehenden Festhallen in den Stadtteilen
  • Neubau mindestens einer weiteren Sporthalle rund 4 Mio
  • Schulsanierungen (Brandschutz, Mensen, Bestandserhaltung)
  • Erschließung eines notwendigen weiteren Industriegebiets
  • kräftig steigende Kreisumlage (Krankenhausfinanzierung)
Bleibt als einzige und logische Konsequenz, damit sich unsere Stadt nicht weiter in größerem Umfang verschulden muss:  Die Sanierung und Belebung des Mühlehofes
Laut dem Gutachten von Drees+ Sommer (April 2011) ist das Gebäude konstruktiv in baulich gutem Zustand. Ebenso die darunter liegende Tiefgarage.
Probleme würden mittelfristig die technischen Einbauten, sowie die Lüftung und der Brandschutz bereiten.
Das Gebäude sei allerdings in den nächsten Jahren mit überschaubarem finanziellem Aufwand (jährlich 150 000.- Euro) weiter zu nutzen. Hier sind vor allem so genannte „kosmetische Ausbesserungen“ zu nennen.
Die von Drees+ Sommer im Gutachten genannten Kosten von bis zu 30 Mio Aufwand beziehen sich auf einen kompletten Umbau des Gebäudes im Bestand, auch des kulturellen Teils.
Den Umbau der Kultursäle halten wir für nicht notwendig. Das bedeutet, wir Freien Wähler halten die bestehenden kulturellen Räumlichkeiten für ausreichend, so dass hier nur in der Technik der Bühne und des großen Saales mittelfristig Gelder notwendig würden. Auch gestalterisch könnte und sollte einiges verbessert werden.
Unsere Fraktion hat deshalb vorgeschlagen, als einen der nächsten Schritte mit dem GR neu renovierte Stadthallen wie z.B. in Balingen zu besichtigen, um sich entsprechende Anregungen – z.B. mehr Licht und helle Farben -  und vergleichbare Kosten für eine Sanierung zu beschaffen. Es gibt renommierte Architekturbüros, die sich auf solche Sanierungen spezialisiert haben.
Es ist dazu hin zu bemerken, dass der Mühlehof durch die SWM erst vor wenigen Jahren an das Fernwärmenetz Stadtmitte angeschlossen wurde. Auch der Bereich im OG, der vom Finanzamt genutzt wird, wurde aufwendig saniert.
Wir halten aus diesen Gründen eine grundlegende bauliche Veränderung der Struktur des Gebäudes für nicht notwendig. Die Kosten für eine Sanierung, die den Bestand und den Betrieb des Gebäudes in den nächsten 10 – 15 Jahren garantieren könnten, dürften daher weit unter den von den Abbruchbefürwortern genannten Kosten liegen.
Der Leerzustand des Mühlehofes muss kein Dauerzustand sein. Für die Sanierung und die Nutzung des gewerblichen Teils haben wir Freien Wähler in den letzten Jahren immer wieder Vorschläge unterbreitet. Diese gehen von der Einrichtung einer Eventgastronomie, eines ständigen Bauernmarktes mit Direktvermarktern im EG über die Vermietung an Arztpraxen bis hin zur Wiedervermietung an eine Tanzschule im OG.
Das UG dürfte auf Dauer kaum oder nicht mehr zu vermarkten sein. Da der Mühlehof zwischenzeitlich abbezahlt ist und der gewerbliche Teil unentgeltlich in den Besitz der Stadt überging, sind die laufenden Kosten des Komplexes überschaubar gering geworden.                                                                                                                                        
Fazit:
Es war interessant, Vorschläge zur Neugestaltung der Stadtmitte aus Sicht eines Außenstehenden zu erhalten. Dr. Vögele hat versucht, die verschiedenen Wünsche und Vorstellungen der Mühlacker Bürger und Geschäftsleute unter einen Hut zu bringen. Seine „Visionen“  - Halle, Hotel, Handel - sind aber nicht umsetzbar, weil sie nicht zu finanzieren sind. Das wird aus heutiger Sicht schon deutlich, weshalb u.E. auf die Durchführung eines Wettbewerbs verzichtet werden kann. Zusätzliche 400 000.- Euro könnten so eingespart werden und stattdessen sinnvoller zur Sanierung des Mühlehofs eingesetzt werden!
Unser alternativer Vorschlag hat den Vorteil, dass man den Mühlehof Schritt für Schritt in den kommenden Jahren – je nach Haushaltslage - sanieren kann. Wobei wir davon ausgehen, dass zunächst versucht wird, den gewerblichen Bereich wieder zu „revitalisieren“. Dadurch sollte schon recht schnell etwas zur Wiederbelebung der Stadtmitte beigetragen werden.
Dies könnte gelingen, wenn Stadtverwaltung, Gemeinderat und GHV gemeinsam an diesem Strang ziehen. Citymanager und Wirtschaftsförderin hätten ein Betätigungsfeld, an dem sie sich messen lassen könnten.
Wir werfen den Verantwortlichen der Stadtverwaltung vor, dass man sich in den vergangenen Jahren zu wenig mit der Bestandserhaltung des Mühlehofes befasst hat. Der Mühlehof war und ist für einige von jeher „ein ungeliebtes Kind“.  Dass man zuletzt selbst Türen und Treppen verrosten und verrotten ließ, ist nur schwer zu begreifen. Schließlich handelt es sich um ein Gebäude, das vor genau 30 Jahren -  am 3. September 1982 -  eingeweiht wurde und die Stadt damals rund 25 Millionen DM gekostet hatte.

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