GR-Sitzung am 19.12. 2017
Rede der Freien Wähler zum Haushalt der Stadt Mühlacker 2018
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
es ist bedauerlich, aber nicht zu vermeiden: der heute zu verabschiedende Haushaltsplan kann nur mit einem habhaften Griff in die Rücklage ausgeglichen werden. Aus den Überschüssen der vergangenen Jahre benötigen wir mit 10 Mio Euro rund 2/3 des Bestandes. Noch bedenklicher ist es, dass wir zu unserem derzeitigen Schuldenstand von rund 25 Mio einen Nettokredit von weiteren 4,4 Mio Euro hinzufügen müssen. Dabei sollte nicht vergessen werden, die ebenfalls hohe Verschuldung des Eigenbetriebs Abwasser. Die oft gestellte Frage, ob es den Kommunen finanziell besser geht als in früheren Jahren, muss für unsere Stadt klar verneint werden. Das Ziel, den Haushalt ohne Neuverschuldung ausgleichen zu können, ist für unsere Stadt auch in den kommenden Jahren nicht zu erreichen. Es ist dabei zu beachten, dass wir in Zeiten einer wirtschaftlichen Hochkonjunktur leben. Was würde passieren, wenn wieder - wie 2008 - eine Immobilienblase platzen oder ein Bankencrash die Wirtschaftswelt erschüttern würde?
Große Sorgen bereiten uns mehr denn je die Personalkosten. Im Jahr 2007 bewegten wir uns bei den Ausgaben für das Personal noch bei rund 12 Mio Euro. Zehn Jahre später erhöht sich der Ansatz auf 19,2 Mio Euro. Hinzu kommen im diesjährigen Plan weitere 13 Stellen, so dass sich der Bestand auf nahezu 300 Vollzeitstellen erhöht. Wir werfen der Verwaltung nicht vor, dass sie willkürlich neue Stellen fordert. Schuld daran sind vielmehr andere: Die Gesetzgebung von Bund und Land hat zur Folge, dass den Kommunen zusätzliche Pflichten auferlegt werden: Rechtsanspruch auf Kleinkinderbetreuung, Ganztagesunterricht mit Mensaverpflegung, Integration von Flüchtlingen und etliches mehr …. Den Bau der Kindertagesstätte im Käppele mit 60 Plätzen müssen wir trotz Zuschuss mit noch mehr als zweieinhalb Millionen Euro selbst finanzieren. Wer bestellt, bezahlt – hieß es einmal. Die Wirklichkeit sieht anders aus! Insgesamt sind es allein in dem Bereich Kindergärten und Schulen mehr als zehn Millionen Euro, die wir jährlich für laufende Kosten zuschießen müssen. Nur zur Verdeutlichung und zum Vergleich: Die Netto-Einnahmen aus der Gewerbesteuer liegen deutlich darunter! Ein anderes Beispiel: Die zusätzliche 50%-Stelle für die Integrationsarbeit in Enzberg bezuschusst das Land außerordentlich großzügig - mit 6300 Euro jährlich und mit dem Zusatz: degressiv !!
Wenn man sich vor Augen hält, dass das Land ab 2020 gesetzlich zur Schuldenbremse angehalten ist, dann ahnt man, welche finanziellen Lasten als Folge auf die Städte und Gemeinden noch zukommen werden. Ich denke dabei mit Sorge an den Neubau von Brücken und Landestraßen oder den Zuschuss für die Sanierungsgebiete. Gut, dass wir in allen Teilen der Stadt in den vergangenen Jahren hier erfolgreich tätig waren und mit Lomersheim – als letztem in der Reihe - im nächsten Jahr beginnen können!
Jetzt aber zu den in diesem Jahr anstehenden Aufgaben: Finanziert werden im Vermögenshaushalt die KiTa im Käppele, der Umbau des KiGarten ín der Pfarrgasse und für den Neubau der Feuerwache am Senderhang sind 3,5 Mio Euro vorgesehen. Für den Abbruch des Mühlehofs rechnet man mit 1,4 Mio und für die parallel dazu laufende Planung zum Bau einer Stadthalle sind 200 000 Euro eingesetzt. Für eine erste Kapitalausstattung der Stadtbau GmbH werden 1,15 Mio benötigt und der größte Brocken in diesem Teil des Haushalts ist für den Aufkauf des Ziegeleigeländes geplant: nahezu acht Millionen Euro.
Diese riesigen „Brocken“ sind es, die den diesjährigen Haushaltsplan geradezu explodieren lassen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt wurde die 100 Millionen- Euro-Schwelle überschritten! Wir haben uns in der Fraktion intensiv und sehr lang darüber Gedanken gemacht, ob wir diese Wagnisse eingehen dürfen. Und die Entscheidung fiel keinem leicht.
Das Ziegeleigelände bietet der Stadt ein großes Entwicklungspotenzial: Es können Wohneinheiten für rund 800 Menschen in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes entstehen und entlang der Ziegeleistraße sind großzügige Flächen für Handel und Dienstleistungen möglich. Es sind also Investitionen, die in die Zukunft gerichtet sind, deren Vermarktung aber durchaus Risiken bergen, darüber sind wir uns sehr wohl bewusst. Zu Ende des Luther-Jahres sei es erlaubt, ihn an dieser Stelle mit einem seiner berühmten Sätze zu zitieren, weil für unsere Situation vielleicht passend:
„Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich noch heute ein Apfelbäumchen pflanzen.“
Es gehören nicht nur eine gehörige Portion Mut und Gottvertrauen dazu, diese Vorhaben anzupacken, sondern viel mehr der unbedingte Wille, die Investition recht schnell wieder zu kapitalisieren. Wir erwarten, dass uns die Verwaltung schon sehr bald mit Vorlagen bombardiert und uns Entscheidungen abverlangt, so dass wir zeitnah mit den ersten Grundstücken an den Markt gehen können.
Auch im Unterhalt unserer Straßen stehen wir in der Verpflichtung: Vorgesehen sind eine Reihe kleinerer Maßnahmen, die zusammen 750 00 Euro ausmachen. Dass wir den dringend notwendigen Ausbau einiger maroden Straßen auf die nachfolgenden Jahre verschieben müssen, ist zu bedauern und für die betroffenen Anlieger und Nutzer ärgerlich. Die Gründe liegen zum einen am Personalmangel im eigenen Haus oder sind mangelnder Kapazitäten bei Planungsbüros oder den Tiefbauunternehmen zuzuschreiben. Wir fordern aber, dass in den nächsten Jahren die auszubauenden Straßen schwerpunktmäßig abgearbeitet werden.
Zu Beginn des kommenden Jahres muss es zur Vermarktung des Bijouteriegeländes kommen. Es ist ein großes Ärgernis und eine Schande, wie wir mit den Objekten im Ortskern von Dürrmenz von den beauftragten Firmen hängen gelassen worden sind. Wir wollen deshalb keine Investoren mehr aus Düsseldorf oder der Nähe des Starnberger Sees, sondern erwarten, dass wir regionale Partner finden, die mit uns zusammen das Gelände entwickeln und zügig bebauen.
Weiter gehen muss es mit der Planung für die Sanierung und Erweiterung der Mörike-Realschule. Nach Abschluss der Erschießungsarbeiten des Baugebiets in Großglattbach müssen die neuen Baugebiete in Enzberg und Lienzingen zügig begonnen werden und vieles weitere muss vorbereitet und abgearbeitet werden. Die Aufgabenfülle ist enorm, deshalb an dieser Stelle unser ausdrücklicher Dank an die Verantwortlichen in der Verwaltung, den Regiebetrieben und den Stadtwerken mit allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir wissen zu schätzen, dass viele von Ihnen Überdurchschnittliches leisten!
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns angesichts der vielen anstehenden Aufgaben und der gleichzeitig sehr beschränkten Finanzmittel mit gesundem Optimismus und Tatendrang in das neue Jahr gehen, und dazu vielleicht passend noch ein – nicht ganz stubenreines - Zitat, das ebenfalls Luther zugeschrieben wird:
"Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz. "
Ich wünsche uns allen frohe, gesegnete Weihnachten und für das neue Jahr alles erdenklich Gute!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Wir Freien Wähler stimmen dem Haushalt zu!
Rolf Leo
Fraktionsvorsitzender