21. Dezember 2021

„Die finanzielle Lage ist dramatisch“ und „die Stadt lebt über ihre Verhältnisse“

mit diesen Worten haben Sie, Herr Oberbürgermeister, den Haushalt 2019 eingebracht.

An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil:  Der Plan für 2022 sieht eine weitere Verschuldung von 5 Mio Euro vor und ein Ausgleich ist nur mit einem kräftigen Griff in die Rücklage von mehr als 7 Mio Euro zu schaffen. Folge ist, dass die Liquiditätsreserve weiter schrumpft und wenig Raum für anstehende wichtige Aufgaben bleibt. Die Verschuldung steigt damit auf 30 Mio Euro.  Nimmt man die Verschuldung des Eigenbetriebs „Stadtentwässerung“ hinzu, stehen wir bei rund 45 Mio Euro und liegen damit weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Städte.

Oberbürgermeister Schneider sprach davon, dass es sich dieses Jahr um einen „Rumpfhaushalt“ handle und die Verwaltung „keinerlei finanziellen Gestaltungsspielraum“ sehe und fast resignierend stellte er fest, dass die Mehrheit des GR letztlich entscheide, wie es weitergehen soll.

Ein „Weiter so“ kann es für uns Freien Wähler aber nicht mehr geben!  Eine grundlegende Konsolidierung der Finanzen muss bei den Personalausgaben beginnen, die kontinuierlich angestiegen sind und von uns seit Jahren angemahnt werden. Zwischenzeitlich sind wir bei 21 Mio Euro angelangt. Sowohl die Verwaltung als auch eine GR-Mehrheit verlangen aber neue Stellen. Wir lehnen dies ab, wiewohl das eine oder andere notwendig wäre, z.B. ein zusätzlicher Forstwirt in der Waldpflege oder die Stelle eines Feldhüters. Wir schlagen deshalb vor, dass neue Stellen zukünftig nur ausgewiesen werden dürfen, wenn andere durch eine Verwaltungsstraffung eingespart werden können.

Dass die GroKo-Mehrheit im GR mit der Übernahme der Jugendsozialarbeit und der sofortigen Schaffung einer neuen Stelle des „Jugendpflegers“ damit beginnen will, das städtische Personal aufzublähen, schockiert uns. „Um die Richtung vorzugeben“, so die Begründung der GR-Mehrheit, sollen gewachsene Strukturen zerstört werden. Die Stadt hat bislang in der Jugendarbeit nicht den Beweis erbracht, dass sie es besser kann als die freien Träger. Die zuständige Amtsleiterin erklärt sogar, dass sie keine pädagogische Erfahrung habe, und das unter städtischer Regie betriebene Jugendhaus läuft seit Jahren nicht rundum zufriedenstellend. Schulsozialarbeit und die „Mobile“ sollten u.E. deshalb unter der Obhut erfahrener freier Träger bleiben, die es nachweislich auch können! 

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Unzufrieden sind wir, dass sowohl im Tief- als auch im Hochbau viele Vorhaben – obwohl finanziell machbar und vom GR genehmigt – nicht abgearbeitet werden. Beispiele dafür sind die vielen miserablen Straßenabschnitte und aktuell die Umgestaltung des Freibadeingangs. Man schiebt die Maßnahmen Jahr für Jahr weiter, obwohl fertige Planungen seit Langem vorliegen. Die Begründung der Verwaltung: Arbeitsüberlastung. Für uns nicht nachvollziehbar, denn der Großteil der Maßnahmen werden von Architekten und Fachplanern geplant, ausgeschrieben und während der Bauphase überwacht. Ob wir uns überall den höchsten Standard weiterhin leisten können, sollte auch kritisch hinterfragt werden. Vieles mag auch der überbordenten Bürokratisierung oder den Folgen der Pandemie geschuldet sein, wobei wir für Letzteres Verständnis zeigen.

Gespannt sind wir, wie es mit der „Stadtbau GmbH“ weitergeht. Seit Gründung der GmbH vor rund fünf Jahren wurde - man höre und staune - ein einziges Haus in der Stuttgarter Straße gebaut. Aus dem städt. Haushalt flossen rund 2,5 Millionen Euro in die Gesellschaft, entstanden sind damit 425 qm Wohnfläche. Notwendiger Wohnraum, aber diejenigen, die rechnen können, werden wie wir zu der Überzeugung kommen, dass dies viel zu teuer und äußerst unwirtschaftlich ist. Private Unternehmen oder gemeinnützige Träger bauen schneller und vor allem wesentlich kostengünstiger. Wir sollten auf deren Erfahrung setzen, denn sozialer Wohnungsbau ist wichtig und wird von uns bejaht!

Wenn wir nur einen kleinen Teil der anstehenden Großprojekte wie z.B. Sanierung und Erweiterung des Schulzentrums Lindach umsetzen wollen, müssen wir dergestalt umdenken, dass dies nur in Teilschritten geschehen kann und nicht alles Wünschenswerte machbar ist. Jedenfalls muss u.E. mit der Umsetzung dieser Maßnahme endlich begonnen werden!

Wie jedes Jahr an dieser Stelle die Aufforderung an unsere Verwaltung, auch die Nachbarkommunen, deren Kinder unsere Schulen besuchen, bei der Finanzierung mit ins Boot zu holen! Auch muss überlegt werden, ob wir uns parallellaufende gleichartige Schultypen weiterhin leisten können? Wichtig ist für uns, dass wir unsere Kindergärten in Schuss halten und gleichzeitig so ausbauen, dass sie in der Lage sind, die erfreulich wieder steigenden Kinderzahlen aufzunehmen.

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An Projekte wie den Neubau einer Stadthalle ist angesichts der schlechten Haushaltslage derzeit nicht zu denken. Investorenlösungen müssen zwar ins Auge gefasst und geprüft werden, sie belasten aber laufende Haushalte über viele Jahre und engen Spielräume für andere wichtige Aufgaben entscheidend ein.

Dass Land und Bund politische Weichen stellen wollen, indem sie über Förderprogramme die Kommunen zum Handeln anregen wollen ist legitim. Ärgerlich ist aber, wenn - wie bei der Ganztagesbetreuung - der Großteil der Kosten an den Kommunen hängen bleibt. Radfahren ist gesund und klimafreundlich, dass aber dafür Millionen für Radschnellwege und Parkhäuser ausgegeben werden, ist überzogen und für uns nicht nachvollziehbar. Hier wird der sogenannte „goldene Zügel“ zum Strick um den Hals, der einem auf Dauer die Luft zum Atmen nimmt!

Positiv zu vermerken ist, dass es im Hochwasser- und Starkregenschutz vorangeht, indem mit dem Bau der neuen Herrenwaag-Brücke, dem Bau eines weiteren Rückhaltebeckens in Dürrmenz und dem Bau des Riegeldamms an der früheren Tennishalle entscheidende Schwachpunkte beseitigt werden. Wir drängen darauf, dass die noch anstehenden Problempunkte in den Stadtteilen zügig angegangen werden.

Gut ist, dass die Sanierungsgebiete in Dürrmenz, Lienzingen, Lomersheim und Mühlhausen fortgeführt werden können, und wir die Hilfe des Landes sinnvoll und dankbar umsetzen können.  Mit Enzberg kann dann in folgenden Jahren die Reihe wieder von vorne begonnen werden. In der dortigen Ortsmitte gäbe es einiges zu tun!

Dass unsere Stadtwerke mit dem Ausbau des Breitbands und des schnellen Internets beauftragt worden sind, ist wichtig und wird von uns unterstützt. Desgleichen stehen wir hinter den Vorhaben an der Biomethananlage, die sich der Kreislaufwirtschaft widmen und daher wesentlich und nachhaltig zum Klimaschutz beitragen.

Obwohl es sich um einen „Rumpfhaushalt“ handelt, ist die Aufgabenfülle auch 2022 wieder enorm. Deshalb an dieser Stelle unseren ausdrücklichen Dank an die Verantwortlichen in der Verwaltung, den Regiebetrieben und den Stadtwerken mit allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir schätzen in diesen außerordentlich schwierigen Zeiten Ihre Arbeit ganz besonders!

Rolf Leo

Fraktionsvorsitzender

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